Samstag, 25. Mai 2013

"Ghost Dog" [US '99 | Jim Jarmusch]

Wenn das Geräusch eines bewegten Blätter-Dachs plötzlich faszinierender erscheint, als das vermeintlich Entscheidende. Wenn genau das bedeutet, den Moment zu leben, ihn als Teil einer endlosen Aneinanderreihung mal guter, mal schlechter Augenblicke wahrzunehmen. Einfach mal die Augen schließen, ein Eis essen, ein gutes Buch lesen. Keine Autos knacken, keine Auftragsmorde. Nur die Tauben füttern, Tauben-Hüter spielen, Zeichentrick schauen. 'Ne gute CD einlegen, den Rhythmus spüren, das Fenster öffnen, durchatmen. Ein bisschen mit diesem Kerl labern, der nichts versteht und doch alles. Wenn Freundschaft nur bedeutet für den anderen da zu sein, ein Eis spendieren, selbstgebaute Kähne zeigen, Geschenke machen. Oder in den Park setzen und über Literatur quatschen. Der fiese Mob wurde schließlich ausradiert, die Bärenjäger gleich mit. Entspannt dem Finale entgegentreten, wie in 'nem Western, die Kanonen im Anschlag, die Beine breit. Das Blätter-Dach bewegt sich weiter. Die Erde dreht sich.

"In the midnight evenings, saw through the misty regions." - Killah Priest

8/10   

Montag, 20. Mai 2013

"Flags of Our Fathers" [US '06 | Clint Eastwood]

Die Erde bebt, der Himmel brennt. Der Sanitäter versorgt den verwundeten Soldaten. Der Bauch des Mannes ist beinahe vollkommen aufgeschlitzt, er atmet schwer, ein wenig quirlen bereits die inneren Organe heraus. Er spricht dem Verwundeten Mut zu, legt einen Verband auf seine offene Wunde, redet weiter beruhigend auf den Soldaten ein; lügt. Dessen Todesurteil ist natürlich längst gesprochen. Kanonenschläge reißen tiefe Krater, Geschossen fetzen. Die Willkür regiert.

Umschnitt: Ein Japaner taucht auf, will ihn töten, rennt auf ihn zu, mit Geschrei. Gerade rechtzeitig gelingt es ihm, seinem Angreifer ein Messer in die Nähe des Herzens zu stechen. Ein weiterer Verwundeter reiht sich ein. Mit den letzten Atemzügen bittet der Japaner um Hilfe. Der Sanitäter hält inne, die Augen weit aufgerissen, der Atem schwer. Er könnte ihm vielleicht helfen, dafür wurde er ausgebildet. Aber dem Feind hilft man nicht, der Japaner stirbt. Falsche Seite, falsches Land, falscher Zeitpunkt. Kriegszustand.

Selten stellte eine Szene die Sinnlosigkeit eines Krieges deutlicher aus, als diese kurze Sequenz. Eine Sequenz, wie ich sie einem alternden Konservativen wie Eastwood so drastisch inszeniert kaum zugetraut hätte. Ebenso wenig wie dessen überwiegenden Verzicht auf Pathos. Krieg verliert hier nie seinen Schrecken, einerseits aufgrund der fragmentarischen Wiedergabe durch Kriegs-Veteranen in regelmäßigen Rückblenden, als auch durch den zentralen Erzählstrang, der den Medien- und Propaganda-Apparat einer längst Kriegs-müden Nation so gnadenlos entzaubert. „Flags of Our Fathers“ reflektiert damit zum großen Teil auch sich selbst. Trotz des plastischen Looks, des staubigen Grau-Filters („Der Soldat James Ryan“) und mäßigem CGI, verliert Krieg nie seine Bedeutung als etwas Grauenvolles, weil sich der Schrecken in erster Linie aus dem Subjektivismus der Protagonisten speist.

Nach der oberflächlichen Ehrerbietung vor dem Opfer eines Menschen für sein Land, nach dem pathetischen Salut, der wehenden Flagge, bleibt schließlich nicht mehr als eine trauernde Mutter, die nur Trost in der Illusion findet, jemand könne sich für etwas „Größeres“ opfern. Und es bleibt ein Indianer, der für ein Land kämpft, das schon lange nicht mehr seines ist; der für eine Nation einsteht, die niemals wirklich für ihn einstand und der selbst samt Heldenstatus nicht gefreit scheint vor Ressentiments und Alltags-Rassismus. Es ist eine verrückte Welt, in der der Gratwandel zwischen Tod und Jubelschrei so nahe beieinander liegt, in der Fotos Kriege gewinnen, Helden aus Pragmatismus geboren werden und Töten Orden bedeutet. Eastwood scheint diese Welt auch nicht ganz zu verstehen, aber wer tut das schon?

6/10

Mittwoch, 15. Mai 2013

"Star Trek Into Darkness" [US '13 | J.J. Abrams]

Ironischerweise packt „Into Darkness“ immer dann, wenn er euphorisch in die Zukunft deutet; in die unendlichen Weiten des Alls, weg von der Erde - eben dahin, wo noch nie zuvor ein Mensch gewesen ist. Gemeinsam mit dieser Crew, diesen liebevoll reanimierten Pop-kulturellen Überlassenschaften, die Abrams, das Autorenteam und ganz besonders die Darsteller-Riege um Chris Pine und Zachary Quinto nach wie vor so wunderbar leichtfüßig zu neuem Leben erweckt. In diesen schnippischen Dialogen zum Beispiel, den Beziehungsproblemchen und Verbal-Schlachten, die abseits einer leider immer noch etwas zu albern geratenen Scotty-Performance, selten die neu entdeckte Ernsthaftigkeit konterkariert. „Into Darkness“ verliert sich lediglich etwas im obligatorischen Höher-Weiter-Schneller-Prinzip, das gerade in etwaigen Hollywood-Franchises so gewissenhaft Anwendung findet. Denn bereits nach dem bombastisch getricksten Auftakt, in dem Spock um ein Haar von einem Vulkan verschlungen wird, fragt man sich, wie viel enger die Lage zumindest für ihn nun überhaupt noch werden soll. Eine Befürchtung, die Abrams – ohne zu viel zu verraten - in den folgenden, überraschend kurzweiligen 120 Minuten zumindest teilweise entkräften kann. Auch ein Verdienst von „Sherlock“-Darsteller Cumberbatch, dessen schauspielerische Fertigkeiten das zahnlose Skript aber nie so wirklich auszureizen imstande ist. Umso beeindruckender, dass die britische Stimmgewalt auch so Vorgänger-Bösewicht Bana problemlos an die Wand spielt und während des generischen Showdowns zumindest vorläufig bei der Stange hält. Das Finale ist sowieso so ein Thema für sich: Während gerade der theatralische Kirk-Spock-Moment ganz entscheidend den Weg für weitere Abenteuer ebnet, verliert sich der bestimmende Konflikt schließlich in einem Zweikampf aus der Mottenkiste. Doch auch hier gilt: Der Blick geht in die Zukunft, in die unendlichen Weiten des Alls, dahin, wo noch nie zuvor ein Mensch gewesen ist. „Into Darkness“ ist kein Grund, sich nicht darauf zu freuen.  

6/10

Sonntag, 5. Mai 2013

"Iron Man 3" [US '13 | Shane Black]

Irgendwie und irgendwo bewegt sich dieser große Franchise-Knall im ganz guten Durchschnitt zeitgenössischen Action-Kinos, irgendwie gehört er auch zu den besseren Comicverfilmungen und irgendwo hat er zeitweise auch Spaß gemacht. Aber jetzt, einen Tag nach dem Kinogang, ist die Erinnerung an diesen netten Film auch schon wieder verblasst, der vorläufige Höhepunkt einer neuen Superhelden-Trilogie nur noch eine Montage aus willkürlichen Action-Sequenzen vor meinem geistigen Auge. Es sind leider zu oft übliche Dramaturgie-Konventionen und die ewig-gleichen Mechanismen, die Shane Black bedient. Nun ereilt nämlich nach Bond und dem Dark Knight auch Tony Stark, dem großen Exzentriker, das Schicksal eines angeknacksten und durchpsychologisierten Helden. Das ist gerade in Anbetracht seines Auftritts in „Avengers“ - der immer wieder als Referenzmaterial für seine instabile Psyche herhalten muss – eher peinlich. Für große Verblüffung sorgt dafür Black's wunderbarer Story-Twist, dessen Drehbuch sich überhaupt selten wirklich ernst nimmt und für Robert Downey Jr. einige herrliche Dialogszenen bereithält, ehe der ziemlich redundant geratene Showdown (Iron Man scheint fast obsolet) wieder auf den ernüchternden Boden der Tatsachen zurückholt. 

5/10  

Mittwoch, 1. Mai 2013

Zuletzt gesehen: April 2013

"Krieg der Welten" [US '05 | Steven Spielberg] - 5/10

"Ninja Assassin" [US, DE '09 | James McTeigue] - 2/10

"Stoker" [UK, US '13 | Chan-wook Park] - 6/10

"I Give It A Year" [UK '13 | Dan Mazer] - 4/10

"Tarzan" [US '99 | Kevin Lima & Chris Buck] - 6/10

"E.T." [US '82 | Steven Spielberg] - 6/10

"Before the Devil Knows You're Dead" [US '07 | Sidney Lumet] - 6.5/10

"Psycho" [US '60 | Alfred Hitchcock] - 8/10

"Chinatown" [US '74 | Roman Polanski] - 7/10

"Wer hat Angst vor Virginia Woolf?" [US '66 | Mike Nichols] - 7/10

"Nick und Norah" [US '08 | Peter Sollett] - 5/10

"Thor" [US '11 | Kenneth Branagh] - 5/10

"Geständnisse" [JP '10 | Tetsuya Nakashima] - 6/10

"Orphan" [US, CA, FR, DE '09 | Jaume Collet-Serra] - 4/10

"John Rambo" [US '08 | Sylvester Stallone] - 2/10

"Die innere Sicherheit" [DE '00 | Christian Petzold] - 7/10

"Guan yin shan" [CN '10 | Yu Li] - 8/10

"The Wire" [US '02 | Season 1] - 7.5/10

"Rango" [US '11 | Gore Verbinski] - 7/10