Mittwoch, 6. April 2016

"Homme Less" [US, AT '14 | Thomas Wirthensohn]

[…] Die vielfältig gearteten Formen der Obdachlosigkeit zeigt „Homme Less“ erst gar nicht auf – und das soll er auch gar nicht. Regisseur Thomas Wirthensohn zentriert ausschließlich ein Einzelschicksal und stellt es in den Mittelpunkt. Ihm scheint mehr um ein Porträt Reays gelegen und darum dessen Spuren bis hin auf das Dach eines New Yorker Apartmentkomplexes nachzuspüren, statt eine ausführliche Milieustudie betreiben zu wollen. […] Zwei Jahre lang begleitete Wirthensohn den obdachlosen Fotografen im Stile einer teilnehmenden Beobachtung, skizzierte dessen Alltag, führte Gespräche, heftete sich an dessen Fersen oder überließ dem Schauspieler Reay ganz einfach die Bühne. Der Zuschauer wird dabei zum Komplizen und Wirthensohn rückt ihn mit entsprechenden Bildern ganz nah heran: intime Momente scheinbar wahrhaftig verlebter Emotionen in verwackeltem Digitalbild, die Kamera im Nachtmodus, um den sich im Schlafsack verkriechenden Reay auch wirklich von morgens bis abends beobachten zu können oder dessen Gesicht in der Großaufnahme – die Gesichtsfurchen, die mit Mitte fünfzig eben ihre Kreise ziehen, die grauen Bartstoppeln oder das dünner werdende Haar, das durch die Pomade hindurch umso deutlicher sichtbar wird. [...]

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